Was ist aus dem kongolesischen Mädchen Sandra geworden, die in Deutschland behandelt wurde?

Als ich Sandra im August 2005 in einem Hospital in Kinshasa mit einer schweren Osteomyelitis (Knochenentzündung) des Unterschenkels sah, war sie bereits mehrere Monaten im Hospital ohne jeden Heilungserfolg behandelt worden. Ihre Mutter saß neben ihr und hielt ihre Hand. Sandra konnte das Bein nicht schmerzfrei belasten und sie blieb deshalb viel im Bett.

Ich sah ein sehr trauriges und verängstigtes zwölfjähriges Mädchen auf einer überfüllten, ziemlich dunklen und übel riechenden Station liegen. Erwachsene und Kinder lagen durcheinander in ihren Betten und wurden von ihren Angehörigen versorgt. Sofort beschloss ich, Sandra mit nach Deutschland zu nehmen. Der Dolmetscher übersetzte meinen Vorschlag der Mutter. Sie wiederum ließ den Vater kommen, bereits am gleichen Tag erfuhr ich telefonisch, dass die Eltern mit dem Transport Sandras nach Deutschland einverstanden waren.

Sandra wurde vom 14.8.2005 bis zum 30.6.2006 in Brilon, Ahaus und Giessen behandelt. In Ahaus stellte man auch eine Herzklappenentzündung fest. Diese konnte mit Erfolg in der Universität Giessen operativ behandelt werden. Sandra konnte geheilt am 21.07.2006 nach Hause zurückkehren.

Nach fünf Jahren bekam Sandra ein Osteomyelitis-Rezidiv. In den letzten vier Monaten vor meinem Aufenthalt im Kongo hatte das Bein angefangen, an drei Stellen zu fisteln. Bis zur Leiste wurde es sehr dick. Sandra bekam immer wieder Fieberschübe, starke Schmerzen und sie konnte nicht mehr laufen. Wir erfuhren über Sandras Gasteltern, Familie Stuke in Bottrop, von dem schlechten Zustand des Mädchens. Ich vereinbarte mit ihr einen Untersuchungstermin in Kinshasa.

Als ich Sandra am 2. November 2011 wiedersah, war sie schwerst krank: Sie hatte septisches Fieber, klagte über höllische Schmerzen, war apatisch und begann zu halluzinieren. Zwei Monate lang hatte sie Antibiotikum bekommen ohne Behandlungserfolg. Das Bein war extrem geschwollen, aus drei Fisteln floss Eiter und die Fisteln bildeten jeweils einen Taler großen Krater. Das Bein konnte sie nicht bewegen und nicht belasten.

Ihre Eltern wollten nicht, dass Sandra in einem Hospital in Kinshasa behandelt wird. So beschlossen wir gemeinsam, dass Sandra mit ihrer Mutter nach Kikwit ins Partnerkrankenhaus des HAMMER FORUM kommen sollte. Dort würde ich sie operieren und behandeln. Ich gab ihnen Geld für die Tickets. Sandra kam also mit ihrer Mutter mit dem Bus ins ca. 550 km. entfernte Kikwit. Sofort wurden sie im Hospital aufgenommen. Die Hospitalkosten, sog. „Hotelkosten“ ca. 2,50 USD pro Tag, übernahmen wir. Die Operation führte ich durch und das gesamte Material stellte das HAMMER FORUM kostenlos zur Verfügung. Für Sandras Behandlung hatte ich außerdem von den Gasteltern finanzielle Unterstützung bekommen.

Nach der Operation und unter massiver antibiotischer Behandlung schwoll das Bein bereits am zweiten Tag nach der Operation ab. Acht Tage später konnte Sandra zwar schmerzfrei und lächelnd entlassen werden. Für die Wundversorgung gab ich Sandra zwei Kartons voll Verbandsmaterial mit und sie fuhr mit ihrer Mutter mit dem Bus wieder zurück nach Kinshasa. Die Rückfahrt dauerte wegen einer Bus-Panne über 36 Stunden. Das passiert, wie wir von den Kongolesen erfuhren, gar nicht so selten.

Auch bei meiner nächsten Reise im Mai 2012 in den Kongo werde ich mit Sandra Kontakt aufnehmen, um mich nach ihr zur erkunden und sie zu untersuchen. Hoffentlich sind bis dahin alle Wunden verheilt.