Medizinische Hilfe für unterernährte Kinder
In der DR Kongo wurde seit 1960 kaum noch in staatliche Kliniken investiert. Für jede Untersuchung, jede Röntgenaufnahme, jedes Medikament und operative Eingriffe müssen die Menschen Geld bezahlen. Doch die Bevölkerung ist arm und zögert jeden Arztbesuch so lange wie möglich heraus. Für die Kinder hat dies katastrophale Folgen. Das HAMMER FORUM baute deshalb im Sommer 2008 in Kikwit eine Ambulanz für Kinder auf, die bereits nach kurzer Zeit jeden Monat rund 1.000 Kinder kostenlos ambulant behandelte. Zweimal im Jahr ergänzen chirurgische Hilfseinsätze deutscher Ärzte- und Pflegeteams die medizinische Versorgung der Kinder.
Doch die Kinder dürfen für eine chirurgische Behandlung nicht unter- oder mangelernährt sein. Wir helfen ihnen wieder zu Kräften zu kommen, indem die Kinder in unserer Milchküche in Kikwit oder den zwei Außenstationen zweimal am Tag kostenlos eine mit Nährstoffen angereicherte Milchnahrung erhalten.
von Doris Broadbent
Wenn ein Körper nicht ausreichend mit Nährstoffen versorgt wird, kann es zur Mangelernährung und schließlich zur Unterernährung kommen. Im Kindesalter, besonders in den ersten 5 Lebensjahren, der Wachstumsphase, hemmen Mangel- und Unterernährung nicht nur die körperliche und seelische Entwicklung sondern auch die Gesundheit des Kindes, denn dem Körper fehlen wichtige Bausteine wie Eiweiß, Fette, Vitamine und Mineralien. Die Zusatzernährung in Form einer nährstoffreichen Milchmahlzeit dient in diesem Fall auf verschiedenen Ebenen:
1 ) In der Kinderambulanz des Hammer Forums in Kikwit, werden solche Fälle, erkannt und genau untersucht. Zum Beispiel werden Kinder, deren Mutter gestorben ist, präventiv in das Milchprogramm aufgenommen, weil sie nicht ausreichend Nährstoffe, die in der Muttermilch enthalten sind, bekommen. Bei regelmäßiger Milchnahrung werden bereits innerhalb von zwei Wochen Erfolge sichtbar. Die Nährstoffe stärken den Körper und die Kinder gewinnen ihre Gesundheit zurück. Um die Kinder aus dem Programm entlassen zu können, sind Aufklärungen zur richtigen Eiweiß-, Fett-, Vitamin- und nährstoffreichen Ernährung zu Hause entscheidend.
2 ) Mangel- und Unterernährung führen zu einem geschwächten Immunsystem, das den Weg für schwere Infektionen und Krankheiten bereitet. Die nährstoffreiche Milch dient in diesem Fall dazu, den Kreislauf der Krankheiten zu durchbrechen. Nur die medikamentöse Behandlung der Krankheit reicht bei unterernährten Kindern häufig nicht aus. Solange das Immunsystem geschwächt ist, treten Krankheiten immer wieder auf. Auch Kinder mit Diabetes oder Nierenleiden, die Eiweiß über den Urin verlieren, benötigen die Milch, um ihrer Krankheit nicht zu unterliegen.
3 ) Ein weiterer Aspekt der medizinischen Hilfe für mangel- und unterernährte Kinder betrifft die Heilung von großen Wunden nach Unfällen oder einer Operation und bei Verbrennungen. Eiweiß wird hier benötigt, um das Gewebe (Muskeln, Haut, Knochen, Blut…) wieder aufzubauen, den Infektionen vorzubeugen oder sie zu bekämpfen. Diese Kinder benötigen in jedem Fall eine postoperative Zusatzernährung, damit die Wunden überhaupt heilen können.
4 ) Das medizinische Team des Hammer Forums trifft immer wieder auf Kinder, die so stark mangel- und unterernährt vorgestellt werden, dass sie körperlich nicht in der Verfassung sind operiert werden zu können. Wenn die Operationsdringlichkeit es zulässt, das heißt, das Kind kann ohne weiteren Schaden zu nehmen noch 6 Monate auf die Operation warten, wird es für die Zeit bis zum nächsten Einsatz behandelt und in das Milchprogramm aufgenommen.
Kinderkrankenschwester Doris Broadbent erzählt aus dem Einsatz für unterernährte Kinder:
Wir haben jetzt wieder 23 Milchkinder bei uns in der Ambulanz. 7 kommen täglich, die andern dann und wann. Sie entwickeln sich wirklich gut. Bei dem einen geht es schneller, bei dem anderen langsamer.
Das hängt aber auch davon ab, in welchem Zustand sie zu uns kamen: wirklich schlecht, nur etwas schlecht, noch ganz gut oder eher präventiv. Je besser der Ausgangszustand, desto besser und schneller ist die Erholung.
Zu jeder Tasse Milch gehört natürlich auch der Kontakt zum Kind. Es muss einen wahrnehmen, nicht ablehnen. Die Milch annehmen und trinken. Mein Lächeln erwidern oder sich verstecken. Es muss sich selbst akzeptieren – seine Situation – dann geht es bergauf. Das müssen WIR schaffen, denn oft hat das Kind sich schon aufgegeben. “Keiner will mich, keiner hat mich lieb!”Für die Eltern ist es eine Mehrarbeit, sich um so ein Kind zu kümmern, daher müssen sie aufgeklärt werden. Sie müssen ihre Einstellung zu dem “nutzlosen” Kind ändern und es in die Familie zurück integrieren. Dann sieht man den Erfolg, langsam aber stetig.
Plamedie:
“Im Alter von 3 Monaten verlor mein Enkel Plamedie seine Mutter und ich meine Tochter. Sie starb und den Vater des Kindes kenne ich nicht. Jetzt leben Plamedie und seine große Schwester bei mir. Im April hörte ich, dass im Krankenhaus eine Organisation sei, die Milch verteilt. Ich gehe mit Plamedie dorthin und werde freundlich von Schwester Doris aufgenommen. Sie misst und wiegt Plamedie, gibt ihm Milch zu trinken und zeigt mir, wie ich ihn förden kann.”
Die Oma hatte sich wirklich toll um die Kinder gekümmert, 8 Monate lang hat die 75-Jährige die Kinder alleine versorgt und jetzt kommt sie täglich mit dem Kleinen, um die Milch abzuholen. “Er hat sich sehr gut entwickelt. Auch wenn die Kinder krank sind, finde ich hier Hilfe beim Hammer Forum”, freut sich die Oma. Vielen Dank!
Bienaime, 8 Jahre alt:
Am 26. April wurde Bienaime wegen Typhus operiert. Sein Darm war zerrissen wegen der Infektion. Er hatte eine große Narbe längs über seinem Bauch, der sehr spannte. Er hatte seit der Operation nichts gegessen, die schon 10 Tage zurück lag. Er war schlapp und müde. Ich bekam nur seine Krankenakte in die Hand, “für Medizin”. Dann fragte ich die Mutter, das Kind zu bringen. Als ich Bienaime sah, habe ich ihn verbunden und ihm eine Tasse Milch gegeben. Er teilte sie mit seinem kleinen Bruder, der mit im Krankenhaus leben musste, solange die Mutter den großen Bruder versorgte.
Heute am 24. 05. springt Bienaime herum, der Bauch ist zu, die Narbe verheilt und er kann nach Hause gehen. Er verabschiedet sich lachend und bedankt sich bei allen Spendern, die ihm das Leben erleichtert haben.
Israel, 6 Jahre alt:
Wie so oft, wenn Dr. Theo in den Kongo kommt, sieht er Kinder, die in einem so schlechten Allgemeinzustand sind, dass er sie nicht operieren kann. Sie kommen dann in unser Milchprogramm und werden aufgepäppelt, um dann im nächsten Einsatz ihre Operation zu bekommen. Die Eltern sehen die Mangelernährung gar nicht und sind betroffen, dass ihr Kind nicht operiert wird. So bekommt Israel, 6 Jahre alt, 9 kg wiegend bei 90 cm Körpergröße und einem Armumfang von 10 cm nun fast täglich seine Tasse Milch und oft fragt er auch nach etwas Essbarem. Er hat Hunger! So verschlingt er auch noch eine Banane.