Hitze, Starkregen….und kein Strom

Einsatz mit dem Hammer Forum MafC in Gabu/Guinea-Bissau

In den frühen Morgenstunden landeten wir auf dem kleinen Flughafen von Bissau. Wir wurden erschlagen von der Sauna -ähnlichen tropisch-warmen Luft. Nach der Erledigung der Einreiseformalitäten steuerten wir auf unser Auto zu, das uns in das ca. 180km entfernte Gabu bringen sollte. Es war noch dunkel und ich erwartete nichts Gutes angesichts der mir bekannten Straßenverhältnisse.
Von dem Motorengeräusch und der ständigen Schaukelei wurden aber etliche von uns doch müde und schliefen ein. Unterwegs kamen wir bei der aufgehenden Sonne an vielen Reisfeldern und kleinen Dörfern vorbei. Nach einem sechsstündigen Bandscheiben-freundlichen Trip kamen wir an. Ausruhen war nicht angesagt. Wir bezogen unsere Zimmer, wobei im Haus viel zu tun war. Die Wasserkanister mussten in die Badezimmer geschleppt werden, es gibt ja keine Wasserleitung. Moskitonetze verteilt und passende Bettwäsche sowie Handtücher gesucht werden. Es gibt ja alles, fragt sich nur wo.
Dann ging es zum Hospital. Etliche Familien warteten sehnsüchtig auf unsere Ankunft. Der OP-Plan füllte sich schnell. Im Gebäude sahen wir ängstlich zur Decke. Durch die starken Regenfälle bogen sich die Holzbalken doch schon sehr. Es tropfte auch an einigen Stellen Wasser in den Raum.
Trotz aller Probleme konnte aber alles für die Operationen vorbereitet werden.
Am Abend zurück im Haus versuchten die Männer den Generator zu starten. Nach einigem Überlegen stellten sie fest, das ein wichtiges Kabel fehlte. In Gabu könnte man es nicht kaufen und so blieben wir im Dunkeln bei mehr oder weniger hellen Solarleuchten.
Das Internet funktionierte auch zunächst nicht. Kein Strom, kein Netz.
Das Kabel würde ein Kinderchirurg mitbringen, der eine Woche später zu uns kam.
Am anderen Morgen sah einiges schon besser aus. Wenigstens funktionierte das Modem und der Kontakt zur restlichen Welt konnte wieder aufgenommen werden.
Die extrem starken Regenfälle höhlten den Straßenverlauf sehr aus. Kanten brachen ab und verwandelten die Wege in cayonartige Flussbetten. Niemand, auch kein Einheimischer, hatte je im September solche Regenfälle erlebt.
Daher kamen am anderen Morgen unsere kleinen Patienten mit großer Zeitverzögerung zum Hospital. Wie möchten die Straßen in den Dörfern erst aussehen, wenn es in der Stadt schon so grauenvoll war?
Aber wir konnten in den zwei Wochen doch sehr vielen Kindern helfen.
Auffällig in Guinea-Bissau sind immer wieder die rachitisch-verformten Beine der Kinder. Die Nahrung ist zu einseitig und sehr vitaminarm. Es kam ein etwa vierjähriges Mädchen mit schuppiger Haut und in einem erbärmlichen Allgemeinzustand. Es hatte in seinem kurzen Leben bisher nur Reis gegessen. Die Leute sind absolut unwissend und sehr arm. Schulbildung beschränkt sich meist auf die Jungen. Und dann werden diese auch nur in Koranschulen geschickt. Auf die Frage, warum die Kinder nicht lesen und schreiben lernten und keine Schule besuchten, kam häufig nur ein erstauntes „Wozu“ zurück.
Das Land ist daher auch in einem hoffnungslosen Zustand, nach unseren Maßstäben. Die Menschen scheinen ja mit ihrem Dasein zufrieden zu sein und hadern nicht mit ihrem Schicksal.
Abends saßen die meisten Familien vor der Tür, lachten, sangen und unterhielten sich bis weit nach Mitternacht. Auf die meisten von ihnen wartet am Morgen kein Arbeitgeber. Lediglich ein paar Frauen bringen landwirtschaftliche Produkte zum Markt. Welche Einheimischen diese Sachen dann kaufen sollten, bleibt mir ein Rätsel. Vieles ist auch von sehr schlechter Qualität und halb verfault.
Trotz aller Entbehrungen waren wir doch sehr privilegiert. Wir konnten alles kaufen, was fehlte.
Am Abend wurde sogar sehr lecker auf dem Gasherd gekocht- alles natürlich bei romantischer Beleuchtung.
Über 180 Untersuchungen in der Ambulanz und 62 sogar größere Operationen später war der Einsatz doch erfolgreich überstanden.
Die Rückfahrt zum Flughafen verlief natürlich nicht ohne unseren obligatorischen Pannen. Ein geplatzter Reifen ist nicht verwunderlich bei den Straßenverhältnissen. Also alle aussteigen…sich wenn möglich bei der Hitze ein schattiges Plätzchen suchen. Der Fahrer war aber sehr pfiffig und hatte den Reifen ziemlich schnell gewechselt.
So ging die Fahrt weiter, aber nicht lange. Es klapperte irgendwas. Anhalten, wieder alle aussteigen und schwitzen. Dieses Mal war es das Auspuffrohr ,das locker herabhing. Mit diversen Stricken wurde es wieder am Auto befestigt. Und weiter ging die Fahrt.
Mein Fazit dieses Mal: es war fast ein „Zivilisations-Detox“. Haben wir hier nicht von allem viel zu viel? Und braucht man diese irdischen Güter alle? Wasser aus der Regentonne, kaum Strom und wenig Internet….aber hat mir was gefehlt?
Ich fliege gern wieder nach Guinea-Bissau mit seinen zufriedenen , fröhlichen Menschen!