Warum das Projekt in Guinea-Bissau so wichtig sein wird – Eindrücke eines Projektaufbaus

Ich werde nie den 8-jährigen Jungen vergessen, der drei Wochen lang im Dorf von einem traditionellen Heiler versorgt wurde. Er hatte eine offene Unterarmfraktur. Das heißt, der Knochen hing aus dem Arm heraus und sah aus wie ein angeknabberter Hundeknochen. Er hätte seinen Arm beinahe verloren. Aber er hatte Glück. Dank der OP durch Dr. Emma und der langwierigen Versorgung der Schwestern und der Projektleitung vor Ort, hat er seinen Arm behalten. Er hatte zudem unter starken Schmerzen gelitten und dank uns bekam er ausreichend Schmerzmittel, so dass er sich bald nach der OP trotz Angst mit unserer Hilfe aufsetzte und irgendwann zu uns angelaufen kam, um eventuell eine Nascherei zu ergattern.

Ich durfte die Arbeit des Hammer Forum in Kikwit, Demokratische Republik Kongo, kennenlernen und war sofort vom Engagement der Projektleiterin und des Teams, welches zum Operieren hinfuhr, inspiriert. Es ist nicht meine erste Erfahrung im Ausland gewesen und auch nicht meine erste Erfahrung in Ländern Afrikas. Mich beeindruckte das Engagement von allen Seiten und vor allem, dass vielen Kindern eine Perspektive gegeben werden kann.

Nicht nur dies macht die Arbeit des Hammer-Forum so wertvoll. Es basiert auf einem langfristigen Engagement auf Augenhöhe, wenn auch mit Assistenz und Anleitung. Diese wird einfach gebraucht.

Guinea-Bissau ist eines der ärmsten Länder der Welt und von langjähriger politischer Instabilität geprägt. Erst 1974 hat Guinea-Bissau seine Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Portugal erlangt. Das Land ist also eine noch recht junge Demokratie und die Politik von vielen verschiedenen Spannungen geprägt. In Gabú, auf dem Land, ist der erste Eindruck nicht unbedingt, dass hier politisch viel passiert. Gabú ist eine Handelsstadt und ca. drei bis vier Stunden von der Hauptstadt entfernt, je nach Tageszeit, Wetter und PKW. Für dieses kleine Land ist Gabú somit relativ gut erreichbar. Jedoch ist dies die größte Stadt hier in dem Gebiet im Osten. Die Dörfer, die sogenannten Tabancas, habe ich noch nicht wirklich kennen gelernt. Zu manchen kommt man nur mit dem Motorrad und ca. drei bis vier Stunden Fahrt hin. Die brasilianischen Ordensschwestern, die angebunden an das Krankenhaus in Gabú, ebenfalls arbeiten, erzählten mir von dem großen Bedarf an Gesundheitsversorgung in den Tabancas. Dort sind keine Ärzte. Wenn überhaupt vielleicht eine Krankenschwester. Aber was soll sie machen? Sie hat nicht viele Handlungsmöglichkeiten. Oft haben wohl die Familien einfach nicht das Geld, mal eben bei etwas Fieber nach Gabú zu fahren. Somit kann es oft passieren, dass es dann ein oder zwei Tage ohne entsprechende Behandlung einfach zu spät ist. Die Kindersterblichkeit der unter 5-Jährigen ist eine der höchsten.

Gerade am Anfang eines Projektes hat man zwar das Ziel vor Augen, aber die Wochen verfliegen und man schlägt sich mit scheinbaren Nichtigkeiten herum. Aber diese sind auch wichtig, um eine gute Basis für die Zukunft zu legen. Das wunderbare ist, dass wir wirklich willkommen sind in Gabú. Der Verwaltungsdirektor, der Direktor, die Pflegedienstleitung und die vielen verschiedenen Mitarbeiter vor Ort sind wirklich eine sehr große Unterstützung. Das Hammer Forum ist willkommen und ich denke alle warten schon gespannt auf das erste OP-Team. Und somit erfahre ich im Alltag in verschiedener Art und Weise Hilfe. Und das ist die Basis einer guten Zusammenarbeit.

In der bisherigen Zeit habe ich mir vor allem angesehen, wie die Leute im KH arbeiten, wo die Bedürfnisse und die Herausforderungen liegen. Und dies bedarf seiner Zeit und ist sehr wichtig. Viele nette kleine Gespräche mit möglichst vielen Leuten im Krankenhaus, – von der Putzfrau bis hin zum Direktor oder den verschiedenen Ärzten. Und ich kenne immer noch nicht alle. Das wird auch seine Zeit dauern. Nebenher habe ich die Preise in der Stadt verglichen und geschaut, was, wo zu kaufen ist. Die ersten Schreiner wurden beauftragt, Schränke anzufertigen. Dabei ist es wichtig, nicht nur auf die Kontakte und Empfehlungen des Krankenhauses zu vertrauen. Man sollte auch versuchen, Leute außerhalb des Netzwerkes mit einzubeziehen. So verbreitet sich unsere Arbeit umso rascher. Es sind die vielen kleinen Gespräche mit Schneidern, mit dem Supermarktverkäufern, mit den Frauen auf dem Markt, die unsere Arbeit weiter kommunizieren. Leider muss ich immer noch auf unsere Eröffnung vertrösten. Aber diese wird hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern.

Aktuell befinde ich mich in der Hauptstadt Bissau, um mich mit Herrn Dola Sisse um die Verzollung und Einfuhr des Containers zu kümmern. Es dürfte jetzt nicht mehr allzu lange dauern. Heute waren wir im Finanzministerium und im Zollamt. Wir haben große Unterstützung derweil erfahren – ohne, dass irgendeine Gegenleistung erwartet wurde. Es ist jetzt nur noch eine Frage der Zeit. Und dann geht es einen weiteren wichtigen Schritt weiter.

Derweil gehen mir ein paar traurige Kindergesichter nicht aus den Gedanken und diese motivieren mich sehr, jeden Tag einen Schritt vorwärts zu kommen. Im Ernährungszentrum der Caritas ist ein Junge, der anfangs weinte, wenn er mich sah. Vor ein paar Tagen hat er das erste Mal gelächelt, als ich ihm seine Füßchen kitzelte. Er ist absolut unterernährt und ist an HIV infiziert. In dem Ernährungszentrum erfährt er Würde und hat vor allem eine gute Betreuung und Essen. Das Hammer Forum kann hier die medizinische Betreuung mit verbessern.

An einem anderen Tag wurde ein Junge aus einem Dorf eingeliefert. Seine Oberschenkel, das ganze Gesäß waren mit heiße, Wasser verbrüht worden. Zum Glück nicht seine Arme und sein Gesicht. Aber für solche Kinder können die Art und Weise der Betreuung einen Unterschied machen. Der Junge war schon über fünf Jahre. Somit ist die Betreuung teurer für die Eltern und es gibt auch nicht alle Medikamente und Materialien, die in so einem Fall in Deutschland verwendet werden. Gerade bei Verbrühungen und Verbrennungen ist auch das möglichst sterile Arbeiten wichtig, um Infektionen vorzubeugen. Solchen Kindern werden wir in Zukunft besser helfen können. Das erste OP-Team des Hammer Forums wird schon sehnsüchtig erwartet.

Angelika Schweimnitz

Foto: Kristoffer Fillies