Reisebericht Guinea-Bissau vom 15.-21.09.2018
Seit 2015 arbeite ich für das Hammer-Forum e.V. und kümmere mich in bisher 3 Einsätzen um die elektrische Versorgung der Kinderstation und des OP-Bereiches in Kikwit in der DR Kongo.
Bei diesem Projekt werde ich tatkräftig unterstützt von Joachim Strobel und dem Lions-Club Meiningen.
Anfang dieses Jahres erreichte mich ein erneuter Hilferuf unserer Organisation mit der Bitte um Unterstützung beim Aufbau einer Ambulanz in Guinea-Bissau.
In den vergangenen Monaten organisierte ich, gemeinsam mit dem Büro des Hammer-Forums, die Bestückung eines Containers mit der Erstausstattung, welche für die elektrische Versorgung einer Ambulanz benötigt wird. Hierbei waren unsere Erfahrungen aus dem Projekt in Kikwit sehr hilfreich.
Am 15.09.2018 startete ich von Meiningen aus in Richtung Frankfurt Flughafen.
Von hier aus ging es über Lissabon, wo ich mich mit Dr. Th. Emmanouilidis getroffen habe und wir gemeinsam in die Landeshauptstadt Bissau weiter flogen.
Gegen 0.00Uhr Ortszeit landeten wir und wurden von der guten Seele Angelika Schweimnitz abgeholt. Angelika ist seit Dezember 2017 hier und ist für den Aufbau der Kinderstation in Gabu verantwortlich.
Gemeinsam fuhren wir in eine Pension in Bissau. Nach einer kurzen Nacht und einem schnellen Frühstück ging es am nächsten Morgen gegen 8.00 Uhr mit unserem Pickup in Richtung Gabu.
Mein erster Eindruck während der Fahrt von Bissau nach Gabu war doch recht positiv. Abgesehen von den katastrophalen Straßenverhältnissen war es irgendwie aufgeräumter und weniger stressig, als ich es aus dem Kongo kannte.
Dieser Umstand ist natürlich auch der Bevölkerungsdichte in den Ballungszentren geschuldet.
Unsere Fahrt (ca. 200km) entlang der einzigen Verbindung zwischen Bissau und Gabu dauerte 3,5 Stunden. Die Straße ist ein einziges Schlagloch und für die Fahrer und Fahrzeuge eine große Herausforderung.
Gegen Mittag kamen wir dann in Gabu an, räumten unser Gepäck in unser Haus und fuhren gleich weiter zum Krankenhaus.
Da vor kurzen ein Container mit medizinischen Dingen (Betten, Medizin, Geräten usw.) aus Hamm angekommen ist, war es für Dr. Emmanouilidis wichtig, diese Lieferung und die Lagerungsmöglichkeit zu prüfen. Wir verschafften uns erst mal einen Gesamtüberblick und fingen gemeinsam an, die Aufteilung der Räumlichkeiten hinsichtlich OP- Bereich und was dazu gehört, sowie Ambulanzräume zu planen. Ich nutzte im Anschluss noch die Gelegenheit und lief das Gelände des Krankenhauses ab, um mir auch hiervon einen ersten Eindruck zu verschaffen. Das Krankenhaus machte einen, im Vergleich zu Kikwit, doch sehr ordentlichen und „sauberen“ Eindruck. Was mir auffiel, es waren wenig Patienten und auch Personal auf dem Gelände, aber das konnte auch daran liegen, dass Sonntag war. Da von der Klinikleitung niemand auf dem Gelände war, ging es gegen 17.00 Uhr Richtung Unterkunft. Vorher war noch ein Zwischenstopp auf dem Markt notwendig, um etwas Obst und Gemüse zu organisieren.
Wie schon im Kongo so ist auch hier die Strom- und Wasserversorgung sehr schlecht. Strom gab es immer nur am Abend zwischen 20.30 bis 01.00Uhr und Wasser ab und zu, aber auch nur tagsüber, als wir nicht zu Hause waren. Das hieß, Wasser sparen so gut es ging. Aber irgendwann sind auch die letzten Reserven aufgebraucht. Dieses Problem haben wir dann gelöst, indem wir unsere leeren Wasserbehälter mit in das Krankenhaus nahmen und da aufgefüllt haben. Nur so konnten wir das Thema Kochen, Spülen und „Duschen“ absichern.
Als am ersten Abend Angelika und Dr. Emmanouilidis sich über den weiteren Ablauf und die Strategie der nächsten Tage und Wochen verständigten, kam heraus, dass es wohl eine 2. Ambulanz (Centro Materno Infantil) gegenüber dem Krankenhaus gab, welche auch mit EU-Mitteln gefördert wird und somit in direkter Konkurrenz mit unserer Arbeit stand. Da dies überhaupt nicht im Sinne des Hammer-Forums ist, waren Angelika und Dr. Theo erstmal etwas ratlos, und das Projekt stand in Frage. Um an dem Konzept für unsere Ambulanz weiter zu arbeiten, machte es sich dringend notwendig, einen Termin mit den Verantwortlichen der Klinik und auch des Centro Materno Infantil zu organisieren und Klarheit zu schaffen.
Am nächsten Morgen gingen wir gemeinsam zum Centro Materno Infantil, hier war reger Betrieb, viele schwangere Frauen, kleine und große Kinder waren hier, und ein Arzt machte Sprechstunde. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Arzt wurde eine große Runde aller Verantwortlichen, welche im Klinikum anwesend waren, einberufen und das Thema der Zusammenarbeit besprochen.
Dr. Emmanouilidis machte in aller Deutlichkeit klar, dass das Hammerforum nur gewillt ist hier weiter zu arbeiten, wenn das Klinikum, das Centro Materno Infantil und unsere Organisation gemeinsam in einem Objekt die Arbeit übernehmen. Nur so kann eine ausreichende und zielführende Versorgung abgesichert werden.
Nach einer langen und doch sachlichen Diskussion einigte man sich darauf, dass wir einen Raum im Centro Materno Infantil bekommen und gemeinsam uns um die Patienten kümmern. Diese Einigung sollte noch in einem Protokoll festgehalten werden, um uns ein Stück Sicherheit zu geben
Jetzt spürte man auch bei Angelika Erleichterung, und der Optimismus, dass man hier doch etwas erreichen kann, kam zurück.
Mit neuem Mut gingen wir zurück in unsere Räume. Hier warteten bereits die ersten Patienten auf Dr. Emmanouilidis. Es hatte sich schnell herum gesprochen, dass der Arzt aus Deutschland im Klinikum ist. Es war zwar nicht geplant, aber das spielt für unseren Dr. Theo keine Rolle, wenn Kinder seine Hilfe brauchen, dann bekommen sie diese auch. Also ran an die Arbeit und …. der Nächste bitte.
Ich hatte einen Termin mit dem „Klinik-Elektriker“ und schaute mir die elektrischen Anlagen, den Generator und die bereits vorhandenen Photovoltaikanlagen an. Auch hier stellte ich fest, dass die Anlagenteile in einem, für Afrika wie ich sie bisher kannte, doch ganz ordentlichen Zustand waren.
Das größte Problem war und ist, wie auch in Kikwit, es gibt keinen Diesel für den Generator. Man wird das Gefühl nicht los, dass man bewusst darauf wartet, dass sich jemand anderes, in diesem Fall das Hammer-Forum, darum kümmert und den Diesel kauft. Die Klinik scheint hierfür kein Geld zu investieren oder zu haben..?
Die möglichen Kleinreparaturen an der Photovoltaikanlage habe ich dann gleich ausgeführt und die Batterien der PV-Anlage geprüft. Die PV-Anlage versorgt einen Großteil der Klinik mit Strom für die Allgemeinbeleuchtung. Die Anlage ist zu ca. 90% funktionstüchtig (3 Module defekt) und die Batterien sind auch in Ordnung. Der Generator (17KW) scheint ziemlich neu und versorgt ebenfalls (wenn Diesel da ist) das gesamte Objekt mit Strom.
Da die Patienten doch zahlreicher erschienen sind, ergab sich für mich im Anschluß an meine Arbeit die Gelegenheit, Dr. Emmanouilidis und Angelika bei den Untersuchungen über die Schulter zu schauen.
Es war schon sehr beindruckend, wie vielschichtig die Krankheiten waren und wie schlecht die Menschen hier versorgt werden. Es ist für uns nicht nachvollziehbar, wie schlecht oder gar nicht selbst einfache Krankheiten behandelt werden und dann zu schwerwiegenden oder bleibenden Schädigungen führen.
Egal wo Dr. Emmanouilidis und Angelika aufgetaucht sind, ob auf der Straße, in der Stadt oder vor unserem Haus, immer wieder kamen Menschen, welche Rat und Hilfe benötigten und die Emmanouilidis anhörte und beraten hat.
Zwischen den Untersuchungsterminen am Montag und Dienstag berieten wir immer wieder, wie die zukünftige Aufteilung der Räume und Lagermöglichkeiten aussehen soll. Auch hat Dr. Emmanouilidis festgelegt, dass unsere Ärzteteams einen eigenen OP-Bereich bekommen und wir die vorhandenen OP-Räume des Krankenhauses nicht nutzen. Der neue OP-Raum soll in unseren Räumlichkeiten eingerichtet werden. Wir legten fest, wie dieser aussehen soll und wie wir den OP-Raum, Schmutz und Steri-Raum technisch ausstatten sollten. Grund für die Entscheidung war die ungünstige logistische und strategische Lage der vorhandenen OP-Räume zu unserm Objekt und wir hatten mit einem eigenen OP-Raum (2 OP-Tischen) die Möglichkeit unabhängig von der Klinik zu operieren und uns selbst technisch zu versorgen.
Nachdem nun klar war, wie die Zukunft unserer Ambulanz aussehen soll, kümmerte ich mich um die technischen Details. Ich stellte eine Materialliste zusammen und sah mir nochmal die Räumlichkeiten genauer an. Für den Standort unseres Generators bot sich der alte Generatorstandort des Krankenhauses an, welcher sich unmittelbar neben unserem Gebäude befindet.
Da der Großteil des notwendigen Materials (Generator, PV-Anlage, Batterieanlage und sonstiges Installationszubehör) sich bereits in dem Container befindet, welcher am 21.09.18 in Bissau erwartet wird, muss nun noch ein Plan und Termin her, wie wir dies alles installieren. In Absprache mit Dr. Emmanouilidis und Angelika orientieren wir uns nun auf Ende 02.2019 und versuchen die Arbeiten mit unserer Kikwit-Mannschaft und 2-3 einheimischen Helfern auszuführen. Ziel muß sein, dass wir die Arbeiten vor dem Eintreffen der Ärzte im März 2019 fertig haben.
Da sich im laufe der letzten beiden Tage einige Patienten eingefunden haben, denen schnellstens geholfen werden muß, entschied Dr. Emmanouilidis, die notwendigen Operationen am Mittwoch und Donnerstag durchzuführen.
Da ich mit meiner Arbeit durch war, war es naheliegend, dass ich den beiden irgendwie helfen wollte. Auf die Frage in wie weit ich unterstützen kann stellte mich Dr. Theo gleich als „OP-Schwester“ ein. Am Mittwoch operierten wir dann gemeinsam mit einem Assistenzarzt, einer Krankenschwester und einem Anästhesisten der Klinik 3 Kinder.
Am Donnerstag Vormittag operierten wir noch einen Nabelbruch und versorgten einen Oberschenkelbruch mit Hilfe eines selbst gebauten „Webertisch-Bettchens“.
Dieses Bettchen war eine Eigenkreation in Anlehnung an einen Webertisch, welcher zur Fixierung von Frakturen im Oberschenkelbereich verwendet wird. Wir haben hierzu ein Metall-Kinderbett mit Hilfe des örtlichen Schlossers und Tischlers umgebaut. Im Gegensatz zu der Lethargie und großteils verbreiteten Gleichgültigkeit der Menschen hier, hat die Zusammenarbeit mit den Handwerkern hier gut und schnell funktioniert.
Nachdem am Donnerstag gegen 10.00Uhr unsere geplanten Arbeiten abgeschlossen waren, verabschiedeten wir uns noch von den Mitarbeitern und den Verantwortlichen, aber nicht ohne noch einmal auf die Dringlichkeit des Protokolls mit unseren Vereinbarungen hinzuweisen. Man versprach uns, dass Angelika am kommenden Montag dies bekommen wird.
Nun ging es zu unserer Unterkunft, hier gab es das erste Mal Wasser aus der Leitung und so wurde schnell noch geduscht, bevor wir dann Richtung Bissau abfuhren.
In Bissau gönnten wir uns erst mal einen Kaffee bzw. Hibiskussaft und danach hatte DR. Theo noch einen Termin in der Uniklinik. Als wir da angekommen sind, war ich schon etwas erschrocken. Das Niveau der Klinik war alles andere als das, was wir in Deutschland von einer Uniklinik erwarten würden.
Der Leitende Arzt der Klinik begrüßte uns und Dr. Theo besprach mit ihm weitere Termine für 2019, zu welchen er mit mehreren Ärzten für 4 Wochen u.a. die Uniklinik unterstützen möchte.
Auch hier hatte sich unsere Ankunft herum gesprochen, und wir bekamen einen Raum zugewiesen, in welchem Dr. Theo einige Patienten untersuchen konnte.
Gegen 17.00Uhr ging es noch kurz an den Hafen von Bissau und anschliessend in die 2.-Wohnung von Angelika, damit wir uns Abreisefertig machen konnten. Jeden Donnerstag gibt es in Bissau ein so genanntes Deutschen-Treffen, da fuhren wir hin, um noch etwas zu essen und zu trinken. Als wir ankamen, waren da schon mehrere Deutsche, die es aus unterschiedlichsten Gründen nach Bissau verschlagen hat. Es war eine nette Runde und das Essen war lecker.
Die Zeit war nun reif, um diesen Ausflug zu beenden. Um 21.00Uhr machten wir uns auf in Richtung Flughafen. Angelika hat uns noch bis zum Check-In gebracht und dann war Zeit zum Abschied nehmen.
Es waren sehr interessante, aber auch anstrengende Tage hier, und ich kann nur immer wieder meine Bewunderung und Hochachtung zum Ausdruck bringen für die Arbeit der Menschen wie Angelika, welche in derart schwierigen Ländern versuchen, aus fast hoffnungslos erscheinenden Situationen das Beste zu machen, um den Ärmsten der Armen und den Schwächsten zu helfen und Ihnen irgendwie eine Perspektive in diesem Leben zu geben.
Meiningen den 23.09.2018
Thomas Wolf