Hoher Standard, niedrige Temperaturen
Anders als sonst: Bei ihrem jüngsten Einsatz im Gazastreifen haben Dr. Emma und seine Kollegen vom Hammer Forum mal wieder Dinge erlebt, die sich von den Reisen nach Afrika grundlegend unterscheiden.
Theophylaktos Emmanouilidis ist ein hitzeerprobter Mensch. Bei seinen regelmäßigen Hilfseinsätzen mit dem Hammer Forum bereist er den halben afrikanischen Kontinent, Temperaturen an die 40 Grad gehören fast zu seinem täglich Brot. Im Gazastreifen dagegen hat er diesmal gefroren – er hatte das Pech, dort eine Art Jahrhundertwinter zu erleben.
„Wir waren mit neun Leuten an zehn Tagen vor Ort“, erzählt der nimmermüde Arzt, der bald seinen 80. Geburtstag feiert. Sechs Ärzte, drei Anästhesie-Kräfte, unter anderem Jana Gottschling aus Herford. „Drei von uns sind ins Westjordanland nach Hebron gefahren, weil sie im Vorfeld keine Einreise-Erlaubnis für den Gazastreifen bekommen hatten“, erzählt Dr. Emma.
Behördliche Probleme dieser Art kennt er zur Genüge. Was im Gazastreifen anders ist: Durch die Unterstützung diverser arabischer Staaten und internationaler Wohltätigkeitsorganisationen vor Ort, so Dr. Emma, sei die technische Ausstattung des Krankenhauses sehr gut. „Die Hilfe des Hammer Forums ist dort vor allem deshalb nötig, weil die Ärzte nicht heraus dürfen – und entsprechend schlecht ist ihre Ausbildung“, erklärt der Bünder. „Dabei sind sie dort wirklich fleißig und auch talentiert.“
Durch die guten Strukturen vor Ort können Dr. Emma und Kollegen auch diesmal wieder mit beachtlichen Zahlen aufwarten: An die 100 Kinder haben sie in Hebron und Gaza operiert, viele Eingriffe dauerten zwei bis drei Stunden. Dr. Emma kümmerte sich diesmal vor allem um angeborene Missbildungen. „Darm, Gesicht, Arme, Beine – alles dabei“, sagt er. Seine Erklärung für die auffällige Häufung solcher Fehlbildungen: zu viele Nachkommen unter Verwandten. „Aber was sollen sie dort auch machen? Es darf ja kaum einer rein oder raus“, sagt Dr. Emma und zuckt mit den Schultern.
Bemerkenswertes gab es natürlich auch wieder außerhalb des Krankenhauses. Im Gegensatz zu sonst findet Dr. Emma diesmal sogar ein paar Worte zu den ungastlichen Temperaturen: Sechs Grad und eine hohe Luftfeuchtigkeit, so findet er, seien nicht besonders angenehm. „Selbst die Einheimischen sagten, dass es dort noch nie so kalt gewesen sei“, erzählt der Mediziner und lacht. „Die Häuser haben keine Heizung, besonders nachts haben wir gefroren. Wir sind mit dicken Pullovern ins Bett gegangen.“
Bemerkenswert ist für ihn auch der Besuch, den er dem griechisch-orthodoxen Metropoliten von Jerusalem abgestattet hat. „Der Mann ist Palästinenser, spricht aber fließend griechisch“, so der Deutsch-Grieche. Auch die Stadt selbst sei recht beeindruckend. Unter anderem – wenn auch im negativen Sinne – durch die große Mauer, die sie durchzieht. Apropos: Die Lebensumstände und der nimmer endende Streit zwischen Israelis und Palästinensern ist etwas, das Dr. Emma immer wieder ratlos zurücklässt. Eine Freitagsdemonstration nahe der Grenze, bei der es einen Toten und 25 Schwerverletzte gab, hat er diesmal quasi miterlebt. „Das ganze Thema ist dermaßen komplex – keine Ahnung, wann sich die Lage dort mal beruhigen soll. Vielleicht bekommt es die nächste Generation hin“, sagt er und schüttelt mit dem Kopf.
Eine Angelegenheit, bei der auch dem Hammer Forum die Hände gebunden sind.